Südlink-Magazin

Gift auf dem Acker

Wie der massive weltweite Pestizideinsatz vor allem den Menschen im globalen Süden schadet und was die Politik dagegen tun muss

von Lena Luig
Veröffentlicht 17. SEPTEMBER 2020

Millionen Menschen erleiden jedes Jahr eine Pestizidvergiftung, das Grundwasser wird verunreinigt, die Biodiversität immer weiter reduziert, resistente Unkräuter sprießen vielerorts aus dem Boden. All dies, weil bis heute gefährliche Pestizide auf den Äckern der Welt ausgebracht werden. Und weil große Agrarkonzerne nicht auf gute Geschäfte verzichten wollen, bleiben selbst hochgefährliche Agrargifte viel zu lange auf dem Markt. Dabei gibt es längst Alternativen.

Seit Beginn der Coronakrise ist Gesundheit das politische Top-Thema. Durch Skandale wie die massenhafte Infizierung mit Covid-19 in Schlachtfabriken oder in Sammelunterkünften von migrantischen Erntehelfer*innen gibt es eine längst überfällige Debatte um das Thema Gesundheit am Arbeitsplatz in der Agrar- und Ernährungsindustrie.

Einer der Hauptfaktoren, der die Gesundheit von Bauern, Bäuerinnen und Arbeiter*innen in der Landwirtschaft auch in „normalen“ Zeiten extrem gefährdet, ist der Einsatz von Pestiziden. Jedoch wird kaum registriert, wie viele Menschen – vor allem im globalen Süden – jährlich durch den Einsatz von Pestiziden teils schwere Vergiftungen oder langfristige Gesundheitsschäden wie eine Krebserkrankung erleiden und nicht selten sogar daran sterben. Diese Zahlen wurden in globalem Maßstab seit den 1990er Jahren nicht mehr erfasst – ein großes Versäumnis der Regierungen, die die zuständigen UN-Organisationen nicht ausreichend finanzieren und stattdessen immer mehr auf die Daten von Konzernen angewiesen sind, die an globalen Gesundheitsstatistiken jedoch wenig Interesse haben.

In den 1980er und 1990er Jahren schätzten die Weltgesundheitsorganisation (WHO) beziehungsweise die Internationale Arbeitsorganisation (ILO), dass jährlich drei Millionen Menschen weltweit wegen einer akuten Pestizidvergiftung behandelt wurden und 25 Millionen Menschen weniger akute Vergiftungen erlitten (beides einschließlich Suizidversuchen). Aktuellere Zahlen gibt es nur für einzelne Länder, etwa für Brasilien: Dort wurden im Jahr 2017 laut dem brasilianischen Gesundheitsministerium 7.200 Pestizidvergiftungen offiziell registriert, wobei die Dunkelziffer laut Expert*innen vermutlich um ein Vielfaches höher liegt (siehe den Artikel Alan Tygel auf den Seiten 10 bis 12).

Pestizideinsatz weltweit steigt

Während laut Statistiken der UN-Landwirtschafts- und Ernährungsorganisation (FAO) 1990 weltweit rund 2,3 Millionen Tonnen Pestizide in der Landwirtschaft eingesetzt wurden, waren es 2017 bereits 4,1 Millionen Tonnen, also beinahe die doppelte Menge. In Ländern wie Brasilien hat sich der Einsatz seit 1990 auf rund 377.000 Tonnen im Jahr 2017 sogar mehr als versiebenfacht. Auch in Deutschland hat sich die Menge der ausgebrachten Pestizide im gleichen Zeitraum von rund 31.000 auf 48.000 Tonnen erhöht.

Besonders beim Anbau von Soja, Mais und Zuckerrohr werden immer mehr Herbizide wie Glyphosat eingesetzt, bei der industriellen Orangenproduktion kommen große Mengen Insektizide zum Einsatz und im Weinbau werden – auch in Südfrankreich – hektoliterweise Fungizide eingesetzt. Resistente Superunkräuter entstehen und führen dazu, dass immer neue Giftcocktails ausgebracht werden.

Immerhin wurde der Einsatz einiger besonders gefährlicher Pestizide wie zum Beispiel das Unkrautvernichtungsmittel Paraquat inzwischen in vielen Ländern verboten. Doch während rund 50 Länder Paraquat mittlerweile die Genehmigung entzogen haben, ist der Wirkstoff in etwa 100 Ländern immer noch erlaubt, darunter in vielen Ländern des globalen Südens wie beispielsweise Südafrika oder auch El Salvador, wo das Mittel zusammen mit Glyphosat mit der massiven Häufung von Nierenerkrankungen in Verbindung gebracht wird (siehe den Artikel von Silvia Gloria Orellana auf den Seiten 16 bis 18). In Brasilien soll planmäßig Ende September 2020 endlich ein Verbot inkrafttreten.

Und auch für das meistverkaufte Herbizid Glyphosat aus dem Hause Bayer-Monsanto, das die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) als „wahrscheinlich krebserregend beim Menschen“ einstufte, wurde der Import beziehungsweise der Einsatz in den letzten fünf Jahren in 14 Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas verboten oder zumindest eingeschränkt.

Zwar hat etwa die EU in den letzten Jahren – vor allem nach der Verschärfung der Richtlinie über den Pestizideinsatz im Jahr 2009 – einige besonders gefährliche Mittel verboten. So ist das von Pestiziden ausgehende Risiko laut der EU-Kommission in den letzten fünf Jahren um 20 Prozent gesunken. Doch gleichzeitig sind die Zulassungsbehörden in vielen Ländern des globalen Südens weniger streng, personell unterbesetzt oder stehen – wie in den Agrobusiness-Hochburgen Brasilien und Argentinien – einer übermächtigen Agrarlobby gegenüber.

Im globalen Süden verkaufen, was in der EU verboten ist

So ist es keine Seltenheit, dass ein Wirkstoff, dessen Genehmigung in der EU nicht erteilt oder widerrufen wurde, in Afrika, Asien oder Lateinamerika noch in großem Umfang zum Einsatz kommt. Oft sind es sogar europäische Konzerne wie Bayer, BASF oder Syngenta, die im globalen Süden das verkaufen, was in der EU nicht (mehr) auf den Markt darf, und damit gigantische Umsätze machen. So ergaben Recherchen von Greenpeace Unearthed und Public Eye, dass Bayer, BASF, Corteva Agriscience (USA), FMC (USA) und Syngenta (Schweiz) 2018 mehr als ein Drittel ihrer Umsätze mit hochgefährlichen Pestiziden erwirtschaften – fast 60 Prozent davon in sogenannten Entwicklungs- und Schwellenländern.

Als hochgefährlich gelten jene Pestizide, die in der regelmäßig aktualisierten Liste des global tätigen Pestizid Aktions-Netzwerks (PAN) erscheinen und sich an anerkannten Kriterien der akuten sowie langfristigen Toxizität für Mensch und Umwelt orientieren. Mit der neuen Studie „Gefährliche Pestizide von Bayer und BASF – ein globales Geschäft mit Doppelstandards“  hat INKOTA gemeinsam mit Misereor und der Rosa-Luxemburg-Stiftung sowie Partnerorganisationen aus Brasilien und Südafrika jüngst belegt, dass Bayer und BASF in Brasilien und Südafrika mindestens 28 Wirkstoffe vertreiben, die in der EU nicht genehmigt sind – ein Viertel davon ist sogar explizit verboten, darunter das Fungizid Propineb. Die aktive Substanz für das Bayer-Produkt Antracol ist laut der US-Umweltschutzbehörde wahrscheinlich krebserregend und seit 2018 in der EU verboten. Trotzdem wurden 2018 zwischen 1.000 und 2.500 Tonnen des Wirkstoffs aus Deutschland exportiert, und Bayer gab noch im Februar bekannt, massiv in die Produktionsanlage in Dormagen zu investieren, wo unter anderem Antracol hergestellt wird.

Doch welche Folgen hat der Einsatz von teils hochgefährlichen Pestiziden für die Menschen im globalen Süden? Exemplarisch werden in der genannten Studie Auswirkungen auf indigene Gemeinschaften in Brasilien sowie Plantagenarbeiter*innen in Südafrika dokumentiert. So wurde etwa im Mai 2019 das Dorf Guyraroká der indigenen Gruppe der Guarani-Kaiowá im brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso do Sul von einer Pestizidwolke vergiftet. In der Folge litten mehrere Kinder unter Asthma, trockenem Husten, Atemnot, Erbrechen, Schmerzen im Brustkorb sowie Magen- und Kopfschmerzen. Auf der anderen Seite des Atlantiks berichteten Arbeiter*innen einer südafrikanischen Zitrusfarm von einem Kollegen, der als Traktorfahrer durch eine Windböe die ausgebrachten Pestizide einatmete und aufgrund einer Lungenvergiftung wochenlang im Krankenhaus behandelt werden musste.

Gerade in den Regionen des globalen Südens, wo im großen Maßstab Agrarprodukte industriell für den Weltmarkt angebaut werden, leiden die Arbeiter*innen und Landwirt*innen auf den Feldern sowie deren Familien und auch Anwohner*innen und indigene Gemeinschaften, die mit der landwirtschaftlichen Produktion eigentlich gar nichts zu tun haben.

Das Risiko der Pestizidausbringung und -lagerung in Armutskontexten des globalen Südens ist in der Regel deutlich höher als für Menschen, die im globalen Norden in der Landwirtschaft arbeiten. Denn Bäuerinnen und Bauern in Afrika, Asien und Lateinamerika können sich die nötige Schutzausrüstung oft nicht leisten oder haben keinen Zugang dazu, und Arbeiter*innen wird das entsprechende Equipment häufig nicht vom Arbeitgeber gestellt. Auch kann das Tragen von Schutzkleidung im feucht-heißen Klima als zusätzliche Belastung empfunden werden. Zudem leben sowohl Landwirt*innen als auch Plantagenarbeiter*innen häufig so nah an den Feldern, dass Mindestabstände bei einem Sprüheinsatz gar nicht eingehalten werden können oder Pestizidkanister zum Teil – mangels eigener Lagerräume – in Wohnräumen aufbewahrt werden.

Aus all diesen Gründen dürfen sich Pestizidhersteller wie Bayer und BASF nicht mit dem Argument aus der Affäre ziehen, ihre Produkte seien ungefährlich, solange eine „sichere Anwendung“ erfolgt. Diese „sichere Anwendung“ ist ein theoretisches Konstrukt der Agrarchemieindustrie und entspricht in vielen Ländern der Welt schlichtweg nicht der Realität.

Zu der Problematik der direkten Ausbringung und Lagerung von Pestiziden kommt noch dazu, dass Pestizide häufig stark das Trinkwasser belasten: So wurde in einigen Regionen Brasiliens im Trinkwasser unter anderem der in der EU nicht genehmigte Bayer-Wirkstoff Carbendazim gefunden, der als erbgutverändernd und fruchtbarkeitsschädigend gilt. Studien argentinischer Ärzt*innen zeigen die langfristigen Folgen des Pestizideinsatzes für die Bevölkerung in den Anbaugebieten etwa von Soja: Dort besteht ein nachweislich höheres Risiko für Fehlgeburten, Kinder mit Gendefekten, Haut- und Atemwegserkrankungen, Schilddrüsenüberfunktion sowie – im Vergleich zum Landesdurchschnitt – eine 400 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu erkranken.

Angesichts dieser dramatischen Erkenntnisse aus Ländern wie Brasilien, Argentinien und Südafrika erscheint die durchaus berechtigte Sorge westeuropäischer Verbraucher*innen vor den gesundheitlichen Schäden durch Pestizidrückstände in Lebensmitteln im Vergleich als Luxusproblem.

Bienensterben und schlechte Klimabilanz

Doch die dramatischen Folgen für die menschliche Gesundheit sind nicht das einzige Problem beim Pestizideinsatz, hinzu kommen massive ökologische Schäden. Zum einen ist die Herstellung von Pestiziden nicht gerade klimaneutral. Die Produktion ist zwar bei weitem nicht so energieintensiv wie etwa die Düngemittelproduktion nach dem Haber-Bosch-Verfahren. Dennoch sah man etwa bei Bayer, wie sich dessen Klimabilanz nach der Übernahme des US-Unternehmens Monsanto deutlich verschlechtert hat. So ist der Ausstoß von Treibhausgasen durch Bayer im Jahr nach der Monsanto-Übernahme um 50 Prozent gestiegen: Vor allem die Saatgut- und Pestizidproduktionsstätten von Monsanto verbrauchen enorm viel Energie.

Doch neben dem Energieverbrauch in der Herstellung sowie negativen Auswirkungen auf Böden und Gewässer steht seit einiger Zeit ein kleines, nützliches Tier als Pestizid-Opfer im Zentrum der öffentlichen Debatte: die Biene. Immer mehr Studien dokumentieren die negativen Folgen des Einsatzes von Insektiziden auf Bestäuber. Vor allem die Gruppe der Neonikotinoide ist hier in Verruf geraten: Sie schädigen das Nervensystem der Bienen, welche dadurch unter anderem ihre Orientierung verlieren und schließlich sterben.

Eine wissenschaftliche Metastudie von 2019 hat errechnet, dass die pestizid- und düngemittelintensive Landwirtschaft für 46,6 Prozent des Insektensterbens verantwortlich ist und prognostiziert einen Rückgang der Insektenmasse um 40 Prozent in den nächsten Jahrzehnten. Gleichzeitig schätzt der Weltbiodiversitätsrat (IPBES), dass die Bestäubungsleistung durch Insekten einem weltweiten Marktwert für die Landwirtschaft zwischen 200 und über 500 Milliarden Euro entspricht.

Zwar werden in China bereits einige Obstplantagen aufwändig durch Arbeiter*innen per Hand bestäubt und japanische Forscher*innen experimentieren bereits mit einer Bestäubung über Seifenblasen. Doch weitere Bienen zu verlieren, wäre im globalen Maßstab zweifelsohne fatal für die Landwirtschaft. Daher sah sich etwa die EU gezwungen, auf die Bedrohung des Bienensterbens zu reagieren und verbot bislang drei Neonikotinoide für den Einsatz im Freiland – Imidacloprid (von Bayer) sowie Chlothianidin und Thiamethoxam (beide von Syngenta). Sie dürfen nur noch im Gewächshaus eingesetzt werden.

Doch auch mit Blick auf die bienenschädlichen Mittel agieren die Pestizidkonzerne in der globalen Vermarktung mit Doppelstandards. Sowohl Imidacloprid als auch Thiamethoxam werden – neben anderen bienengiftigen Insektiziden – üblicherweise im Kakaoanbau in Westafrika eingesetzt – selbstverständlich nicht in Gewächshäusern, sondern unter freiem Himmel. Und auch jenseits der Neonikotinoide bringen Agrarchemiekonzerne im globalen Süden einige für Bienen hochgiftige Insektizide auf den Markt, die in der EU nicht genehmigt sind: So exportierte etwa die deutsche BASF laut Greenpeace-Recherchen 2018 90 Tonnen Fipronil nach Brasilien. Von diesem reicht bereits ein Gramm, um etwa 84 Millionen Bienen zu töten.

Inputintensive Landwirtschaft bedroht Ernährungssouveränität

Doch nur die gesundheitlichen und ökologischen Folgen des massiven Pestizideinsatzes rund um den Globus zu betrachten, reicht noch nicht aus. Die enormen Absatzsteigerungen gehen Hand in Hand mit einer Industrialisierung der Landwirtschaft, die wenn überhaupt Arbeitsplätze unter ausbeuterischen Bedingungen schafft und zunehmend auf die Produktion von besonders lukrativen Ackerfrüchten für den Export oder zur Herstellung von Tierfutter (Soja) oder Agrarkraftstoffen (Mais, Zuckerrohr) in Monokulturen setzt.

Das gefährdet die Versorgung der Weltbevölkerung mit gesunden, vielfältigen Lebensmitteln, wie die steigenden Hungerzahlen in den letzten fünf Jahren sowie die wachsende Zahl mangelernährter Menschen zeigen. Außerdem bedroht diese Entwicklung bäuerliche Existenzen. So verschwinden allein in der EU jährlich 400.000 Bauernhöfe, weil sie dem Wachstumszwang nicht länger standhalten können.

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Und auch in vielen afrikanischen Ländern verhindert die Förderung einer vermeintlich produktivitätssteigernden Landwirtschaft, die einseitig auf den vermehrten Einsatz von chemischen Pestiziden und Düngemitteln setzt, die Umsetzung von Ernährungssouveränität und führt in vielen Fällen zur Verschuldung von Bäuerinnen und Bauern, wie eine aktuelle Studie  zeigt.

Was auf politischer Ebene geschehen muss

Der wichtigste Schritt, um die schlimmsten Auswirkungen von Pestiziden auf Mensch und Umwelt zu verringern, ist ein weltweites Verkaufs- und Einsatzverbot von hochgefährlichen Pestiziden. Auf dem Weg hin zu einem solchen globalen Ausstieg müssen jedoch so schnell wie möglich Doppelstandards in der weltweiten Pestizidvermarktung gesetzlich abgebaut werden, um vor allem die Menschen im globalen Süden zu schützen (siehe den untenstehenden Kasten).

Darüber hinaus sollten Regierungen und internationale Institutionen an einem breiteren Ausstieg aus chemisch-synthetischen Pestiziden arbeiten. In der neuen Strategie „Vom Hof zum Teller“ der EU-Kommission wird als Teil des „Green New Deals“ etwa eine Verringerung des Pestizideinsatzes bis 2030 um 50 Prozent angekündigt. Das ist ein wichtiger Schritt, entscheidend ist jetzt ein Fahrplan zur Umsetzung ohne Schlupflöcher.

Während es beim Ausstieg aus (hochgefährlichen) Pestiziden nicht ohne Verbote geht, braucht es gleichzeitig eine massive Förderung von Alternativen. Hier sollte das ganzheitliche Konzept der Agrarökologie an erster Stelle stehen (siehe den Artikel von Lena Bassermann auf den Seiten 8 bis 9). Denn mit Agrarökologie wird nicht nur versucht, chemische Pestizide durch biologische zu ersetzen, sondern den Betrieb durch eine an natürlichen Stoffkreisläufen orientierte Praxis vielseitiger und widerstandsfähiger zu gestalten und gleichzeitig die ökonomische und politische Stellung der Erzeuger*innen zu stärken.

Außerdem ist es wichtig, die Bäuerinnen und Bauern in Nord und Süd bei dieser Transformation als zentrale Akteure einzubinden. Denn es lässt sich nicht bestreiten, dass die Landwirtschaft in vielen Regionen der Welt enorm abhängig vom Pestizideinsatz (geworden) ist. Ein vorschneller Ausstieg aus sämtlichen chemischen Pestiziden kann Landwirt*innen vor große (ökonomische) Probleme stellen. In bestimmten Kontexten kann es auch sein, dass ein kompletter Verzicht auf chemische Pestizide nicht möglich sein wird. In diesen Fällen sollte die oberste Priorität darauf liegen, hochgefährliche Pestizide durch weniger schädliche Pestizide zu ersetzen. Dies gilt auch etwa für die Heuschreckenplage in Ostafrika und Südasien (siehe den Artikel auf den Seiten 14 bis 15), wobei es dort bereits vielversprechende Untersuchungen zum Einsatz botanischer Pestizide gibt.

Um agrarökologische Ansätze weiterzuentwickeln und in der Breite nutzbar zu machen, braucht es gezielte Fördergelder – statt Subventionen für Industriebetriebe – für Forschung und Umstellung, sowohl im globalen Norden wie im globalen Süden. Dabei muss stets das gesamte Ernährungssystem – vom Acker über die Verarbeitung bis hin zur Vermarktung und zum Konsum – in den Blick genommen werden und die Bedürfnisse der besonders verletzlichen Erzeuger*innen und Verbraucher*innen müssen besondere Beachtung finden. Nur so kann eine sozial gerechte und ökologisch nachhaltige Transformation des Ernährungssystems funktionieren.

1 INKOTA/Misereor/Rosa-Luxemburg-Stiftung und andere (2020): Gefährliche Pestizide von Bayer und BASF – ein globales Geschäft mit Doppelstandards. Online unter: www.inkota.de/studie-bayer-basf

2 Brot für die Welt/FIAN Deutschland/Forum Umwelt und Entwicklung/INKOTA/Rosa-Luxemburg-Stiftung (2020): Falsche Versprechen: Die Allianz für eine Grüne Revolution in Afrika (AGRA). Online unter https://bit.ly/falsche-versprechen)

Lena Luig ist Referentin für Landwirtschaft und Welternährung bei INKOTA.

Lena Luig ist Referentin für Landwirtschaft und Welternährung bei INKOTA.

Gefördert durch Brot für die Welt aus Mitteln des Kirchlichen Entwicklungsdienstes, die Deutsche Postcode Lotterie, von Engagement Global im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), durch die Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit des Landes Berlin sowie die Stiftung Nord-Süd-Brücken. Für den Inhalt dieser Publikation ist allein der INKOTA-netzwerk e.V. verantwortlich; die hier dargestellten Positionen geben nicht den Standpunkt der Zuwendungsgeber wieder.

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