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Kakao-Barometer 2020: Nur struktureller Wandel kann Armut beseitigen

Neue Studie aus dem Kakaosektor belegt das Scheitern freiwilliger Nachhaltigkeitsansätze. Deshalb fordern die Herausgeber einen strukturellen Wandel der Branche.

von Juliane Bing
Veröffentlicht 1. DEZEMBER 2020

Die Ergebnisse des Kakao-Barometers 2020 sind eindeutig: 20 Jahre der freiwilligen Nachhaltigkeitsbemühungen im Kakaosektor haben keinerlei Erfolg gezeigt. Denn: die weit verbreitete Armut von Kakaobäuer*innen besteht fort, ausbeuterische Kinderarbeit hat zugenommen und die Entwaldung schreitet voran. Die Herausgeber des Kakao-Barometers fordern deshalb von Staaten und Unternehmen verpflichtende und transparente Maßnahmen im Kampf gegen Entwaldung, Armut und Menschenrechtsverletzungen. Dafür sind die Beteiligung von Bäuer*innen und Arbeiter*innen an Entscheidungsprozessen und die Zahlung existenzsichernder Preise im Kakaosektor nötig.

Das Kakao-Barometer wird von einem internationalen Konsortium zivilgesellschaftlicher Organisationen herausgegeben, zu dem auch das INKOTA-netzwerk zählt. Alle zwei Jahre gibt die Studie einen Überblick über die Nachhaltigkeitsbemühungen im Kakaosektor. Die diesjährige Publikation belegt, dass Menschenrechtsverletzungen im Kakaosektor weiterhin allgegenwärtig sind.

Umweltzerstörung durch Abholzung und Pestizide

Ein Fokus des diesjährigen Kakao-Barometers ist der Bereich Umweltschäden. Diese nehmen durch die Ausweitung des Kakaoanbaus massiv zu, allen voran durch die Abholzung von Regenwäldern. In der Côte d’Ivoire und Ghana - hier werden rund 60 Prozent des weltweiten Kakaos produziert - wurden in den letzten drei Jahrzehnten über 70 Prozent der Regenwälder abgeholzt. Zwischen 30 und 40 Prozent des Kakaos in der Côte d’Ivoire wird illegal in Naturschutzgebieten angebaut. Dies wird durch eine mangelnde Umsetzung des Umweltrechts durch staatliche Behörden sowie das jahrelange Ignorieren des Problems durch die Schokoladenindustrie begünstigt. Auch der massive Einsatz von Pestiziden im Kakaoanbau hat weitreichende Folgen für Mensch und Umwelt: es gefährdet die Gesundheit der Kakaobäuer*innen, destabilisiert natürliche Ökosysteme und degradiert die Böden.

Gegen Armut helfen nur existenzsichernde Einkommen

Die vielen Herausforderungen des Kakaosektors können nur dann gelöst werden, wenn die strukturelle Armut kakaoproduzierender Familien angegangen wird. Solange die Schokoladenindustrie nicht bereit ist, höhere Kakaopreise zu bezahlen, lassen sich Armut und Menschenrechtsverletzungen in der Kakaolieferkette nicht beenden. Es ist an der Zeit, dass die Akteure im Kakaosektor anerkennen, dass Projekte zur Steigerung von Ernteerträgen und Diversifizierung nicht ausreichen. Für ein existenzsicherndes Einkommen müssen die unfaire Preisbildung, die ungleiche Machtverteilung in der Lieferkette und die mangelnde Transparenz im Kakaosektor angegangen werden.

Zertifizierungen: wichtiger Beitrag und Teil des Problems

Zertifizierungen und Standards können einen wichtigen Beitrag zur Rückverfolgbarkeit des Kakaos leisten, sind aber nicht die alleinige Lösung für die Probleme des Kakaosektors. Die verschiedenen Zertifizierungssysteme können zwar zu einer leichten Verbesserung der Einkommenssituation von Bäuer*innen beitragen, sie jedoch nicht aus der Armut befreien. Die Konkurrenz zwischen den Standards erschwert eine dringend notwendige Erhöhung der Mindestpreise und Prämien auf ein angemessenes Niveau zur Sicherung eines existenzsichernden Einkommens.

Kakaobäuer*innen müssen gleichberechtigte Akteure werden

Deshalb müssen lokale zivilgesellschaftliche Akteure und Kakaobauernorganisationen stärker in politische Verhandlungen einbezogen werden. Nur wenn sie gleichberechtigt am politischen Dialog beteiligt sind, können Lösungen gefunden werden, die auch im Interesse der Bäuer*innen sind. Deshalb arbeitet das INKOTA-netzwerk mit der ivorischen Partnerorganisation INADES Formation und den ghanaischen zivilgesellschaftlichen Organisationen SEND-Ghana und Conservation Alliance zusammen. Die INKOTA-Partnerorganisationen arbeiten daran, Kakaobäuer*innen zu organisieren, um so ihre Verhandlungsfähigkeit und Position im politischen Dialog zu stärken.

Lieferkettengesetz notwendig

Das Kakao-Barometer kommt zu dem Schluss, dass die Herausforderungen im Sektor mit strukturellen Lösungen auf branchenweiter, nationaler und globaler Ebene angegangen werden müssen. Verpflichtende gesetzliche Regelungen, wie beispielsweise das Lieferkettengesetz in Deutschland, für das sich INKOTA in der Initiative Lieferkettengesetz einsetzt, sind dabei unabdingbar.  

Das Kakao-Barometer 2020 stellt deshalb unter anderem diese Forderungen:

  • Ein branchenweites existenzsicherndes Einkommen einführen
  • Abholzung und den Einsatz hochgefährlicher Pestizide beenden
  • Arbeiter*innen, Bäuer*innen und die Zivilgesellschaft in alle Nachhaltigkeitsinitiativen einbinden

Das Kakao-Barometer:

Das Kakao-Barometer wird alle zwei Jahre von einem globalen Konsortium zivilgesellschaftlicher Akteure veröffentlicht. Es gilt als eine der wichtigsten Veröffentlichungen über die Situation im Kakaosektor. Die Herausgeber sind: ABVV/Horval, Be Slavery Free, European Federation of Food, Agriculture and Tourism Trade Unions (EFFAT), Fair World Project, Fern, Green America, Hivos, INKOTA-netzwerk, International Labor Rights Forum, Mighty Earth, Oxfam America, Oxfam-Wereldwinkels, Rikolto, Solidaridad, Südwind Institut, Tropenbos International.

Gefördert durch die GIZ aus Mitteln des BMZ. Für den Inhalt dieser Publikation sind allein die Herausgeber verantwortlich; die hier dargestellten Positionen geben nicht den Standpunkt des Zuwendungsgeber wieder.

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