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Träger des Alternativen Nobelpreises mit INKOTA auf Rundreise

Wem nutzt die Digitalisierung der Landwirtschaft? Pat Mooney von der ETC Group aus Kanada und Träger des Alternativen Nobelpreises stellt Studie vor.

von Lena Luig
Veröffentlicht 4. NOVEMBER 2018

Wem nutzt die Digitalisierung der Landwirtschaft? Pat Mooney von der ETC Group aus Kanada und Träger des Alternativen Nobelpreises war mit INKOTA in Berlin, Hamburg und Köln. Wir haben seine neue Studie „Blocking the Chain. Konzernmacht und Big-Data-Plattformen im globalen Ernährungssystem“ vorgestellt und diskutiert.

Mit der Digitalisierung in der Landwirtschaft kann das gesamte globale Landwirtschafts- und Ernährungssystem umgekrempelt werden. Zu wessen Nutzen – ob im Interesse der Konzerne oder zum Wohle der Menschen – ist hart umkämpft. Fest steht aber: Werden aktuelle Entwicklungen fortgeschrieben, dann erhalten eine Handvoll Konzerne mittels der digitalen Plattformen, auf denen quasi alle Informationen gesammelt und ausgewertet werden, immer mehr Macht über unser Essen.

Volles Haus in Berlin, Hamburg und Köln

Das Interesse an dem Thema ist groß. Das zeigte insbesondere der Andrang in Berlin. In seinem einführenden Vortrag beschrieb Pat Mooney, wie neue digitale Plattformen dazu führen, dass immer mehr Konzerne fusionieren müssen. Schon heute bestimmen nur vier Konzerne über 67% des globalen Saatgut- und über 70% des Pestizidmarktes. Fünf Unternehmen kontrollieren circa 40 % des LandmaschinenmarktesMooney dazu:

Die nächste Fusionswelle steht quasi vor der Tür. Je mehr Daten ein Unternehmen anhäuft und dadurch Einblicke in das komplexe Ernährungssystem erhält, desto besser kann es WettbewerberInnen auf Distanz halten. Big Data erzwingt Konzernfusionen förmlich, weil kein Unternehmen an irgendeinem Punkt entlang der Kette riskieren kann, dass andere die Kontrolle über mehr Informationen erlangen. Daher steigt vor allem die Tendenz zu vertikaler Integration. In einigen Jahren werden die Bayers dieser Welt mit riesigen Landmachinenfirmen wie AGCO oder John Deere fusionieren und ihre Macht über das Ernährungssystem ausweiten.
(Pat Mooney)

Neu sind auch einige Akteure, die sich nun Agrarbereich tummeln. Internetgiganten wie Google oder Facebook betreten die Arena. Amazon hat vor kurzem die größte Bio-Lebensmittelkette in den USA gekauft. Zu den Neuen gehören auch große Finanzinvestoren, die alle Fusionen – egal in welchem Bereich der Agrarlieferkette –  finanzieren. Sie machen mit den Fusionen und der Einführung der neuen digitalen Technologie Geschäfte.

Digitalisierung birgt Chancen und Risiken

Für Bauern und Bäuerinnen sowie Arbeiter*innen in der Landwirtschaft und in der Ernährungsindustrie birgt die Digitalisierung viele Gefahren. Bauern und Bäuerinnen können in noch größere Abhängigkeiten gegenüber den Konzernen geraten, ihre Wahlfreiheit wird weiter beschränkt und viele sind gar davon bedroht, verdrängt zu werden. Auch viele Jobs von Arbeiter*innen können durch den Einsatz von Robotern oder Drohnen und anderen neuen Maschinen ersetzt werden. Das ist ein enormes Problem im globalen Süden, wo die Existenzgrundlagen von Menschen auf dem Land besonders von der Landwirtschaft abhängen.

Andererseits bietet die Digitalisierung auch viele Chancen: Mit Satellitenfotos können lokale Gemeinschaften den Raubbau von Konzernen an der Natur dokumentieren. Mit Apps können Bauern und Bäuerinnen sich unterstützen und mit Ratschlägen zur Seite stehen. Außerdem können die neuen Technologien auch helfen die Landrechte von lokalen Gemeinschaften abzusichern. Die grundlegenden Fragen sind, ob die neuen Technologien kleinbäuerlichen Erzeuger*innen nutzen und sie selbst oder ihre Organisationen Kontrolle über die Technologien haben.

Politische Rahmenbedingungen müssen her

Einig waren sich alle darin, dass die Digitalisierung in der Landwirtschaft klare und wirksame Regeln braucht. Insbesondere die Daten und Informationen müssen demokratisch kontrolliert werden und dürfen nicht in die Hände der Konzerne geraten. Um der nächsten Fusionswelle etwas entgegen setzen können, braucht es unbedingt ein strengeres Wettbewerbsrecht. INKOTA fordert in der aktuellen Kampagne „Fusionswelle brechen. Kein weiteres Bayer-Monsanto!“ unter anderem Werkzeuge, um zu große Unternehmen entflechten zu können. Bei Fusionsentscheidungen müssen neben ökonomischen auch soziale und ökologische Aspekte berücksichtigt werden. Unterstützen Sie uns dabei und unterzeichnen Sie den INKOTA-Appell an die Bundesregierung hier.

Die Veranstaltungsreihe wurde organisiert von INKOTA, GLOCON und der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, der Agrar Koordination sowie FIAN Deutschland.

Die Arbeit des INKOTA-netzwerk e.V. zu diesem Thema wird durch die Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit des Landes Berlin, von der Stiftung Nord-Süd-Brücken, von Engagement Global im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sowie aus Mitteln des evangelischen Kirchlichen Entwicklungsdienstes gefördert. Für die Inhalte ist alleine das INKOTA-netzwerk e.V. verantwortlich; die hier dargestellten Positionen geben nicht den Standpunkt der Zuwendungsgeber wieder.

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