
Rodungen und Schmuggel an der Grenze
Aufgedeckt: Wo für Kakao der Wald stirbt
Tief im Osten Liberias liegt das Dorf Yargaken, direkt an der Grenze zu Côte d’Ivoire, dem afrikanischen Land mit der weltweit größten Kakaoproduktion. Dort tauchen immer mehr Farmer aus dem Nachbarland auf. Sie suchen nach Land und fruchtbarem Boden für weiteren Kakaoanbau und sind Teil einer Entwicklung mit dramatischen Folgen.
In einer sechsmonatigen Feldrecherche zwischen Oktober 2023 und März 2024 hat die ivorische INKOTA-Partnerorganisation IDEF ein brisantes Bild gezeichnet: Immer mehr Kakaoproduzent*innen verlassen Côte d‘Ivoire und roden in Liberia wertvollen Urwald – mit dem Ziel, neue Plantagen anzulegen. Allein in drei kleinen Dörfern wurden 183 neue Bäuerinnen und Bauern gezählt.
In Liberia gibt es kaum Straßen vom Westen zu einer Hafenstadt. Deshalb ist es einfacher, die Kakaobohnen über die ivorische Grenze zu schmuggeln. Die Schmuggelware taucht dann in der Lieferkette als ivorische Ware wieder auf. Dieser Kakao landet so womöglich auch in Schokoladentafeln, die in Deutschland verkauft werden. Die Namen der Exporteure und Schokoladen-Hersteller sind groß, die Lieferketten intransparent.
Für den Kakaoanbau dürfen keine Bäume fallen
Um den Import von Kakao aus Abholzung zu unterbinden, verabschiedete die Europäische Union eine Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten. Sie verpflichtet Unternehmen zu vollständiger Rückverfolgbarkeit in der Kakaolieferkette. Doch wo kein Kläger, da kein Richter. Deshalb sind INKOTA-Partner IDEF und andere zivilgesellschaftliche Organisationen der illegalen Abholzung auf der Spur, dokumentieren Missstände, befragen Gemeindemitglieder und machen ihre Ergebnisse öffentlich.

Für Traoré ist das zivilgesellschaftliche Monitoring ein Werkzeug der Gerechtigkeit. Denn wo Regierungen oder Unternehmen versagen oder wegschauen, können gut dokumentierte Berichte Druck aufbauen, Reformen anstoßen und helfen, Gesetzeslücken zu schließen. Der Bericht über Liberia sorgte für Aufsehen. Auch die EU-Kommission wurde hellhörig und schickte einen Vertreter nach Liberia, um sich die Situation selbst anzusehen. Ein erster Schritt, damit auch dort die Wälder vor Rodungen im Zusammenhang mit unserem Schokoladenkonsum geschützt werden.
Durch die enge Zusammenarbeit mit Partnern wie IDEF kann INKOTA glaubwürdig und konkret aufzeigen, welche Missstände in der Kakaolieferkette weiterhin bestehen. Die Recherchen zeigen, wie wichtig gesetzliche Sorgfaltspflichten sind, die für mehr Transparenz im Kakaosektor sorgen sollen.
Kakaolieferketten vom Anbau bis zur Schokolade sollten frei von Waldvernichtung, und Menschenrechtsverletzungen sein. Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland können darauf achten, dass sie Schokolade kaufen, die bio und fair ist und unsere politischen Forderungen nach transparenten und verantwortungsvollen Lieferketten unterstützen.