Projekte & Länder

Zentralamerika: mit Agrarökologie dem Klimawandel trotzen

Kleinbauerfamilien in Zentralamerika sind schon jetzt von den gravierenden Folgen des Klimawandels betroffen. Doch die Agrarökologie bietet ihnen eine Zukunftsperspektive.

von Isabell Nordhausen
Veröffentlicht 5. JANUARY 2021

Wer die bittere Realität des Klimawandels sehen möchte, braucht den Blick nur auf Zentralamerika zu richten. 45 Extremwetterereignisse, 164 Todesopfer pro Jahr und jährliche Schäden in Höhe von 223 Millionen US-Dollar - das ist die Bilanz der Jahre 1998 bis 2017 in Nicaragua. Damit steht das Land im globalen Klima-Risiko-Index der am stärksten von den Auswirkungen des Klimawandels betroffenen Länder an sechster Stelle. Guatemala folgt knapp dahinter auf Rang 14.

Mehr Extremwetterereignisse durch Klimawandel

Auch die Projektgemeinden der Partnerorganisationen INKOTAs in Guatemala und Nicaragua sind von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen. Immer wieder werden sie von Extremwetterereignissen wie tropischen Wirbelstürmen, Dürren, Starkregen oder Überschwemmungen heimgesucht. Dadurch werden große Teile der Ernten von Kleinbauernfamilien zerstört und bestehende Probleme wie Hunger und Armut verschärft. Antworten auf den Klimawandel und die damit einhergehenden Herausforderungen zu finden, ist deshalb in den vergangenen Jahren immer mehr ins Zentrum der Projektarbeit INKOTAs und unserer Partnerorganisationen gerückt.

Agrarökologie schafft Perspektiven

Viele unserer Partnerorganisationen in Zentralamerika setzen auf Agrarökologie um dem Klimawandel zu trotzen. Dabei geht es vor allem darum, mit umweltfreundlichen Anbaumethoden und unterschiedlichen Pflanzensorten geschlossene Kreisläufe und Synergien zu erzeugen:

  • Der Abfall der einen Pflanze bildet die Grundlage für eine andere
  • Dadurch, dass auf synthetische Düngemittel und Pestizide verzichtet wird, schont diese Anbaumethode die Böden, fördert die Artenvielfalt und reduziert die CO2-Emissionen
  • Auf äußerst kleinen Flächen werden Getreide, Gemüse, Obst und Kräuter nebeneinander angebaut. So entwickelt sich ein kleines, aufeinander abgestimmtes Ökosystem

Die positiven Nebeneffekte einer solchen Methode: der vielfältigere Anbau führt zu einer gesünderen Ernährung und kann bei Extremwetterereignissen Ernteverluste leichter auffangen, da nicht alle Anbaukulturen gleichermaßen von ihnen betroffen sind.

Diverserer Anbau, bessere Böden

Die Anbaukulturen zu diversifizieren ist für die Projektleiterin Flor Martínez von unserer Partnerorganisation ODESAR in Nicaragua ein zentraler Schritt bei der agrarökologischen Umgestaltung landwirtschaftlicher Parzellen: „Wenn wir diversifizieren, dann bauen wir statt einer einzigen Anbaukultur verschiedene Pflanzen an. Dadurch fügen wir dem Boden verschiedenste Nährstoffe zu. Indem wir Bäume pflanzen, verhindern wir außerdem die Erosion, da die Intensität des Regens abgeschwächt und weniger Boden weggespült wird. Dadurch bleibt der Boden nährstoffreich und wir haben ertragreichere Ernten.“

Chemikalienfrei dank Agrarökologie

Ein weiterer wichtiger Erfolg ist, dass Familien die an agrarökologisch orientierten Projekten teilnehmen, kaum noch chemische Düngemittel benutzen. Stattdessen stellen sie ihren eigenen organischen Dünger her. „Auch verbrennen die Familien kein Unkraut und keine Ernterückstände mehr, bevor sie ihre Felder bestellen“, stellt Flor Martínez fest. „Insgesamt hat ein starker Wandel hin zu mehr Umweltbewusstsein stattgefunden. Dazu zählt auch, dass wir einheimisches Saatgut verwenden, das den lokalen Bedingungen besser angepasst ist und kaum Agrochemikalien benötigt.“ Dadurch werden die Kleinbauernfamilien auch unabhängiger vom Markt und den internationalen Agrarunternehmen. „So beinhaltet Agrarökologie eine Vielzahl an Techniken, die es uns ermöglichen trotz des Klimawandels unsere Nahrungsmittel zu produzieren“, fasst Flor Martínez zusammen.

Auch in Guatemala erfolgreich

Auch in Guatemala konnte durch agrarökologische Projekte viel erreicht werden. Die Landpastorale von San Marcos, INKOTAs Partnerorganisation, fördert eine Diversifizierung der landwirtschaftlichen Produktion und die Anwendung von agrarökologischen Methoden und alternative, angepasste Technologien. Statt wie traditionell ausschließlich Mais und Bohnen anzubauen, pflanzen die am Projekt teilnehmenden Kleinbauernfamilien jetzt auch eine Vielzahl an Gemüse-, Kräuter- und Obstsorten an. Häusliches Abwasser wird durch ein einfaches Kohlefiltersystem geklärt und kann dadurch für die Bewässerung des Gemüses wiederverwendet werden.

So beinhaltet Agrarökologie eine Vielzahl an Techniken, die es uns ermöglichen trotz des Klimawandels unsere Nahrungsmittel zu produzieren.
Flor Martínez
Projektleiterin von unserer Partnerorganisation ODESAR in Nicaragua

Kleine Veränderungen, riesiger Unterschied

Projektleiter Rony Aguilar zeigt sich durchweg begeistert von dem Projekt: „Viele kleine Veränderungen machen einen riesen Unterschied. Agrarökologie ist ein ganzheitlicher Ansatz. Es geht uns nicht nur um Landwirtschaft, sondern Gesundheits- und Hygieneaspekte müssen unbedingt mitgedacht werden.“ So bauen die Kleinbauernfamilien im Rahmen des Projekts Heilkräuter an und verarbeiten sie zu Salben, Tee, Hustensäften und Tinkturen.

Gewächshäuser gegen den Klimawandel

In den Projektgemeinden im Landkreis Sipakapa im guatemaltekischen Hochland werden derzeit Tunnelgewächshäuser errichtet. „Das ist gleich in dreifacher Hinsicht eine äußerst wirksame Maßnahme“, so Rony Aguilar. „Auf der einen Seite reicht dadurch eine Tröpfchenbewässerung aus und die knappen Wasserressourcen werden optimal genutzt. Auf der anderen Seite werden die Pflanzen vor zu starken Regenfällen und Hagel geschützt, was im Hinblick auf die sich verschärfenden Auswirkungen des Klimawandels besonders wichtig ist. Drittens können bei den konstant warmen Temperaturen im Gewächshaus Gemüsesorten angebaut werden, die unter freiem Himmel keine Chance hätten. Dadurch wird die Ernährung der Familien sinnvoll ergänzt.“

Agrarökologie: kleinbäuerliche Alternative zu agroindustrieller Landwirtschaft

Der agrarökologische Ansatz der INKOTA-Partnerorganisationen ist ein Gegenentwurf zur agroindustriellen Landwirtschaft der großen Agrarkonzerne und stärkt explizit Kleinbäuerinnen und Kleinbauern. Die Beispiele aus Zentralamerika zeigen: Wenn Kleinbauernfamilien Agrarökologie umsetzen, dann können sie ihrer misslichen Lage – geprägt von Armut, wenig Land, wenig Wasser und Klimaextremen – entkommen. Und zwar ohne die schlechte Hilfe der Agrarkonzerne. INKOTA unterstützt agrarökologische Projekte in El Salvador, Guatemala, Mosambik und Nicaragua.

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