Titel des Südlink 213 Dekolonialisierung: Warum sie so aktuell wie notwendig ist. Eine Statue von König Leopold I., übergoßen mit roter Farbe

Vielleicht haben Sie es auch außerhalb Berlins mitbekommen: Am 23. August – dem Internationalen Tag der Erinnerung an den Sklavenhandel und seine Abschaffung – legte die M*-Straße im Bezirk Mitte endlich ihren rassistischen Namen ab. Nun heißt sie Anton-Wilhelm-Amo-Straße, benannt nach dem ersten bekannten Gelehrten afrikanischer Herkunft in Deutschland. 30 Jahre lang hatten sich dekoloniale Initiativen und Akteur*innen in Berlin für eine Umbenennung eingesetzt. Vor allem für die Schwarze Community in Deutschland ist dies ein wichtiger Erfolg. Ihr ist es zu verdanken, dass die Existenz kolonialrassistischer Straßennamen heute bis weit in die Mehrheitsgesellschaft hinein als Problem anerkannt ist.

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Titel des Südlink 213 Dekolonialisierung: Warum sie so aktuell wie notwendig ist. Eine Statue von König Leopold I., übergoßen mit roter Farbe
Südlink 213 – Dekolonialisierung
Warum sie so aktuell wie notwendig ist
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Südlink 213 – Dekolonialisierung
Warum sie so aktuell wie notwendig ist
Für manche sind es echte Aufregerthemen: Sobald die Begriffe Dekolonialisierung und Postkolonialismus genannt werden, gehen die Emotionen hoch, werden Ressentiments und Vorurteile ausgepackt, um zwei wichtige Ansätze zur Analyse globaler Machtverhältnisse zu diskreditieren.…

Einen Tag vor der geplanten Umbenennung sah es zunächst nach einem Rückschlag aus: Das Berliner Verwaltungsgericht gab dem Eilantrag einer Bürgerinitiative statt, das sich gegen die Umbenennung stellte. Die vom Bezirk vorgebrachte Dringlichkeit sei nicht gegeben, hieß es zur Begründung. Nachdem der Bezirk beim Oberverwaltungsgericht erfolgreich Beschwerde eingelegt hatte, konnte das Umbenennungsfest wie geplant stattfinden.

Dass die Diskussion um kolonialrassistische Bezeichnungen langsam aber sicher in konkrete Erfolge mündet, ist zweifelsohne ein wichtiger Fortschritt. Dass Menschen all ihren Elan investieren, um partout einen rassistischen Straßennamen zu verteidigen, zeigt wiederum, wie polemisch einige Kulturkämpfe im Jahr 2025 ausgefochten werden, nicht zuletzt wenn es gegen Prozesse der Dekolonialisierung geht.

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Auch darüber hinaus haben die Themen Postkolonialismus und Dekolonialisierung in jüngster Zeit keinen leichten Stand. Werden sie doch seit dem Terrorüberfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 häufig pauschal mit Antisemitismus in Verbindung gebracht. „Dabei geht es diesen Theorien primär um den Kolonialismus und seine Nachwirkungen in gegenwärtigen Machtverhältnissen“, schreiben Jule Lümmen und Aram Zia im Einleitungstext zu unserem Dossier. Inwiefern die Kritik am Postkolonialismus nur dessen Diskreditierung dient und wo sie vielleicht doch ihre Berechtigung hat, skizziert der Antisemitismus-Forscher Felix Axster in seinem Beitrag.

Wie schwierig die Dekolonisierung ethnologischer Sammlungen ist, erklärt die Museumsdirektorin Nanette Snoep im Interview. In der Praxis bedeute dies, „Machtverhältnisse und weiße Privilegien sichtbar zu machen und abzubauen.“ Über den Stand der öffentlichen Auseinandersetzung mit dem deutschen Kolonialismus spricht Ibou Diop, der die Arbeit für ein Erinnerungskonzept Kolonialismus in Berlin koordiniert hat. Weitere Artikel und Interviews widmen sich etwa der kolonialen und postkolonialen Chinin-Produktion in Indonesien und dem Kongo oder kolonialen Kontinuitäten bei Naturschutzprojekten in Afrika. Die Forderungen nach Dekolonialisierung haben also nichts an Aktualität verloren. Sie bleiben nach wie vor notwendig.

Eine spannende Lektüre wünscht Ihnen

Tobias Lambert

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