In eigener Sache

Gemeinsam für nachhaltigen Kakao

Westafrika: INKOTA und Partnerorganisationen stärken die Vernetzung und das Selbstbewusstsein von Kakaobäuer*innen

von Juliane Bing
Veröffentlicht 9. DEZEMBER 2021

Dieser Text ist Teil einer Artikelreihe, die zum 50. Geburtstag von INKOTA erschienen ist. Wir blicken darin auf einige unserer wichtigsten Erfolge zurück.

In mühsamer Handarbeit bauen fast zwei Millionen Bäuer*innen in den Nachbarländern Ghana und Côte d’Ivoire Kakao an, den Rohstoff für unsere Schokolade. Obwohl sie das Rückgrat der globalen Kakaoindustrie sind, leben die meisten von ihnen in Armut. Ihre Stimmen und Forderungen werden bislang von Industrie und Politik noch viel zu selten gehört. Doch das beginnt sich zu ändern, auch dank INKOTA und unseren Partner*innen in den westafrikanischen Kakaoanbauländern.

Kein nachhaltiger Kakao ohne höhere Preise

Elisabeth Osei Agyei ist Fairtrade-Kakaobäuerin und Mitglied bei Kuapa Kokoo, der größten Kakaokooperative Ghanas. Sie hat eine klare Forderung: „Wir brauchen höhere Kakaopreise. Mit dem derzeitigen Preis ist ein Leben in Würde nicht möglich.“ Denn die meisten Kakaoproduzent*innen leben unterhalb der Armutsgrenze. Von einem Euro, den eine Tafel Schokolade bei uns kostet, erhalten sie gerade einmal sechs Cent. Auch Kinderarbeit und der Einsatz von hochgefährlichen Pestiziden gehören zum Alltag auf den Kakaoplantagen in Westafrika – ein unhaltbarer Zustand.

Die Kakaoindustrie weiß um die schlechten Produktionsbedingungen und verspricht seit Jahren Besserung.  Ohne dass sich etwas tut, wie Sandra Kwabea Sarwah von der INKOTA-Partnerorganisation SEND Ghana kritisiert.

Seit über 15 Jahren diskutieren Schokoladenindustrie und Politik darüber, wie der Kakaosektor nachhaltiger werden kann. Alle reden über sie, aber niemand fragt die Kakaobäuer*innen selbst, was sich verändern muss!
Sandra Kwabea Sarwah
Projektreferentin bei SEND-Ghana und Koordinatorin der Kakao-Plattform GCCP

Kakaobäuer*innen: schwach vernetzt, im Norden kaum gehört

Lange fehlte es zivilgesellschaftlichen Organisationen in Westafrika an Informationen zu aktuellen Entwicklungen, Zugang zu entsprechenden Gremien sowie personellen und finanziellen Ressourcen, um sich an den Fachdiskussionen der Industrie zu beteiligen. Untereinander waren die Kakaobäuer*innen nur schwach vernetzt. Im globalen Norden wurden ihre Perspektiven in aktuellen Diskussionen zwischen Politik und Wirtschaft kaum berücksichtigt.

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Wie wird Schokolade fair? Wir haben die Kakaobauern gefragt! In der Debatte um faire Schokolade werden die Kakaobäuerinnen und -bauern selbst häufig nicht gehört. Wir haben nachgefragt: Was ist das Problem im Kakaoanbau? Was muss sich ändern? Was ist eure Botschaft an die Schokoladenindustrie? Und was sollten KonsumentInnen in Europa tun? Sehen Sie hier, was unsere GesprächspartnerInnen aus der Côte d'Ivoire, Ghana, Indonesien, Ecuador und der Dominikanischen Republik geantwortet haben...

Vereint zu mehr Einfluss

Genau hier setzt INKOTA mit den Partner*innen in der Côte d’Ivoire und Ghana an. Um den Einfluss von Kakaobäuer*innen zu stärken, arbeitet INKOTA seit 2017 mit der ghanaischen Organisation SEND-Ghana und seit 2019 mit der ivorischen Organisation Inades-Formation Côte d’Ivoire zusammen. Zusammen konnten wir dazu beitragen, in Ghana die „Ghana Civil Society Cocoa Platform“ (GCCP) und in der Côte d’Ivoire die „Plateforme Ivoirienne pour le Cacao Durable“ zu gründen. In Ghana haben sich 24 Nichtregierungsorganisationen und Proudzent*innenorganisationen, im Nachbarland 23 Mitglieder zusammengeschlossen, um sich mit Analysen und Empfehlungen zu Themen wie existenzsichernden Einkommen an Entscheidungsträger*innen zu richten.

Um mit Politik und Wirtschaft auf Augenhöhe zu diskutieren, braucht es fachliches Wissen und methodische Fähigkeiten. Deswegen schulen unsere Partnerorganisationen in der Côte d’Ivoire und Ghana regelmäßig ihre Mitglieder. Das hilft den Kakaobäuer*innen dabei, politische Forderungen zu erarbeiten, ihre Argumentationsfähigkeit zu schärfen und Verhandlungsstrategien zu entwickeln. Auch Fairtrade-Kakaobäuerin Elizabeth Osei Agyei hat an den Trainings von SEND teilgenommen und zeigte sich begeistert:

Die Schulungen haben mir gezeigt, dass ich eine Kakaobäuerin bin und kein Niemand. Wir Kakaobäuer*innen hatten bislang keinen Zugang zu Konferenzen oder politischen Entscheidungsträger*innen.
Elizabeth Osei Agyei
Fairtrade-Kakaobäuerin

Durch Vernetzung und Dialog von Politik gehört

Schon nach kurzer Zeit ist es den Plattformen in der Côte d’Ivoire und Ghana gelungen, wichtige Probleme auf die politische Agenda zu setzen. So hat SEND 2019 in einer Studie die Kakaopreispolitik Ghanas untersucht und öffentlichkeitswirksam auf die Forderungen von Kakaobäuer*innen aufmerksam gemacht. Ende 2020 erhöhten dann die ivorische und ghanaische Regierung gemeinsam mit einem neuen Preismechanismus die garantierten Mindestpreise für Kakao. Die ivorische Plattform kündigte zusammen mit rund 30 Organisationen an, dass sie diesen bedeutenden Schritt kritisch begleiten würden und auf eine transparente Umsetzung des Mechanismus setzen.

Auch in Deutschland und Europa finden die Stimmen der Produzent*innen aus Westafrika immer stärker Gehör. 2018 organisierte INKOTA für Fairtrade-Kakaobäuerin Elisabeth Osei Agyei und Sandra Kwabea Sarkwah von SEND Ghana, mittlerweile Koordinatorin der ghanaischen Kakao-Plattform GCCP, eine Tour durch Deutschland. So konnten sie Journalist*innen, Abgeordneten des Bundestages sowie Schokoladenunternehmen in Interviews und Gesprächen ihre Sicht auf aktuelle Entwicklungen im Sektor präsentieren. INKOTA setze sich auch dafür ein, dass Kakaobäuer*innen als Redner*innen bei einer der größten Tagungen der Branche, der Jahrestagung der World Cocoa Foundation 2019, eingeladen wurden. Auch Pauline Zéi, Direktorin von Inades-Formation und Koordinatorin der ivorischen zivilgesellschaftlichen Plattform, konnte in vielen Gesprächen mit der Politik und der Kakaoindustrie eine zentrale Botschaft platzieren: „Um dem Kakaoanbau ein menschlicheres Gesicht zu geben, müssen Produzent*innen faire Preise gezahlt werden.“

Gefragte Expertise und anerkannte Akteure im Kakaosektor

Die Mitglieder der ivorischen und ghanaischen zivilgesellschaftlichen Plattformen sind mittlerweile anerkannte und gefragte Akteur*innen im nationalen und internationalen Dialog für einen nachhaltigen Kakaosektor. In der Côte d’Ivoire und Ghana setzen sie mit ihren öffentlichen Stellungnahmen und Analysen wichtige Akzente im Dialog gegenüber mächtigen Akteur*innen aus Staat und Wirtschaft. Auch international ist ihre Expertise gefragt: Sie werden als Referent*innen für nationale und internationale Workshops und Tagungen angefragt und zu Themen wie existenzsichernden Einkommen, Kinderarbeit und Entwaldung konsultiert. Fortschritte zu einem nachhaltigeren Kakaosektor sind mühsam und noch viel Arbeit steht bevor, doch INKOTA trägt mit seinen Partnerorganisationen dazu bei, das ungleiche Machtverhältnis im Kakaosektor langsam zu kippen. Die Stimmen von Kakaobäuer*innen sind aus der Debatte nicht mehr wegzudenken - auch dank der Arbeit von INKOTA

Ein Mann verteilt Kakaobohnen auf einer großen Fläche
Eine Frau sitzt an einem langen Tisch und guckt in die Kamera, hinter ihr sitzen vier weitere Personen
Eine Frau sitzt an einem langen Tisch und guckt in die Kamera, hinter ihr sitzen vier weitere Personen

In Ghana Kleinbauern helfen

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