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Verbotene Pestizide in AGRA-Vorhaben

Bei Entwicklungsprojekten in Ghana verstößt die Bundesregierung gegen ihre eigenen Richtlinien

von Lena Bassermann
Veröffentlicht 25. FEBRUARY 2022

In Projekten der Allianz für eine Grüne Revolution in Afrika (Alliance for a Green Revolution in Africa, AGRA) in Ghana werden Pestizidwirkstoffe eingesetzt, die in der EU verboten beziehungsweise hoch umstritten sind, womit die Bundesregierung gegen eigene Richtlinien verstößt. Das zeigen aktuelle Analysen von INKOTA,  der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Brot für die Welt, FIAN, und dem Forum Umwelt und Entwicklung.

Die AGRA-Projekte in Ghana werden von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) als öffentlich-rechtliche Anstalt im Rahmen des AGRA-Engagements der Bundesregierung finanziert. Dies alles belegen Informationen der Bundesregierung, die diese der Bundestagsfraktion DIE LINKE auf Anfrage zur Verfügung gestellt hat.

Die Allianz für eine Grüne Revolution in Afrika (Alliance for a Green Revolution in Africa, AGRA), die von der Bundesregierung finanziell und politisch unterstützt wird, steht schon seit längerer Zeit aufgrund ihres nicht nachhaltigen Ansatzes unter starker Kritik. Hierzu veröffentlichten wir im Juli 2020 die Studie „Falsche Versprechen: Die Allianz für eine Grüne Revolution in Afrika (AGRA) ist gescheitert“ und im Juni 2021 das Hintergrundpapier: „Die Allianz für eine Grüne Revolution (AGRA) ist gescheitert“.

Kleinbäuer*innen werden Gefahren ausgesetzt

Der Einsatz der beiden in der EU nicht genehmigten Wirkstoffe Propanil und Permethrin verstößt nach Analyse der genannten Organisationen gegen den „Referenzrahmen für Entwicklungspartnerschaften im Agrar- und Ernährungssektor“ des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und die Sozial- und Umweltstandards der Weltbank. Beide Standards sind für den Einsatz in KfW-Projekten, die von der Bundesregierung finanziert werden, maßgeblich. Die beiden Wirkstoffe Propanil und Permethrin werden von der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) als Klasse II-Wirkstoffe eingeordnet und gelten damit als „mäßig gefährlich“ („moderately hazardous“). Bei Pestizidwirkstoffen dieser Kategorie müssen gemäß weiterer Standards, die im BMZ-Referenzrahmen genannt werden, besonders hohe Sicherheitsvorkehrungen eingehalten werden. Laut der US-amerikanischen Umweltbehörde (Environmental Protection Agency, EPA) dürfen Felder, auf denen Pestizide auf Basis von Propanil ausgebracht werden, während des Sprühens und nach dem Einsatz für 24 Stunden nicht betreten werden. Die Schutzausrüstung der Bauern und Bäuerinnen muss unter anderem aus chemikalienbeständigen Handschuhen aus wasserdichtem Material und aus chemikalienbeständigem Schuhwerk und Socken bestehen. Permethrin muss an einem kühlen, trockenen, gut belüfteten Bereich, frei von brennbaren Materialien und Wärmequellen, gelagert werden. Die leeren Behälter dürfen nicht wiederverwendet werden. Das Pestizid muss unter Verschluss aufbewahrt werden. Das alles sind Ausschlusskriterien für die Verwendung dieser Pestizide durch kleinbäuerliche Erzeuger*innen, wie es in zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen zum Einsatz von Pestiziden in kleinbäuerlichen Kontexten in Afrika belegt ist.

Bundesregierung verstößt gegen Pesitizidvorgaben

Bei Projekten, die von der KfW gefördert werden, müssen beim Einsatz von Pestiziden des Weiteren die Umwelt- und Sozialstandards der Weltbank eingehalten werden. Darin wird klar gesagt, dass Wirkstoffe, die von internationalen Agenturen als krebserregend, erbgutverändernd oder fruchtbarkeitsschädigend eingestuft werden, nicht verwendet werden dürfen. Die EPA hat Permethrin als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft. Damit kommen die Rosa-Luxemburg-Stiftung, Brot für die Welt, FIAN, INKOTA und das Forum Umwelt und Entwicklung zu dem Schluss, dass die Bundesregierung klar gegen das Einsatzverbot für erwiesenermaßen gesundheitsschädigende Pestizide verstößt.

Auch Glyphosat in Ghana im Einsatz

Zudem werden in AGRA-Projekten in Ghana Pestizide eingesetzt, die die Wirkstoffe Glyphosat und Oxyfluorfen enthalten. Glyphosat ist zwar aktuell noch in der EU genehmigt, aber bekanntlich hoch umstritten. Nach Angaben der internationalen Krebsforschungsagentur (International Agency for Research on Cancer, IARC), die zur WHO gehört, ist Glyphosat für den Menschen „wahrscheinlich krebserregend“. Die Ampelkoalition hat in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt, Glyphosat-haltige Produkte bis Ende 2023 vom Markt zu nehmen. Oxyfluorfen ist in der EU zwar noch bis 2024 genehmigt, jedoch nicht in Deutschland zugelassen. Wie auch Permethrin wird es von der EPA als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft.

Permethrin ist einer der beiden Wirkstoffe in dem Insektizid Betallic Super, das in erster Linie im Maisanbau in Ghana zur Anwendung kommt. Propanil sowie Glyphosat und Oxyfluorfen sind die Wirkstoffe in den Herbiziden Orizo Plus SL beziehungsweise Zoomer 390 SC. Das Unkrautvernichtungsmittel Zoomer 390 SC wird stark in Kaffee-, Mais- und Baumwollmonokulturen eingesetzt.

Einzige Lösung: AGRA muss eingestellt werden

Für die an der Analyse beteiligten Organisationen steht daher erneut fest, dass die Bundesregierung die Zusammenarbeit mit AGRA sowohl politisch als auch finanziell einstellen muss. Zudem ist es notwendig, ein Gesetz auf den Weg zu bringen, das den Export von Pestiziden und Pestizidwirkstoffen verbietet, wenn diese aufgrund von Gefahren und Risiken für die menschliche Gesundheit und/oder die Umwelt in der EU nicht genehmigt sind. Zudem sollte Agrarökologie als Leitbild in der deutschen staatlichen Entwicklungszusammenarbeit deutlich stärker als bislang gefördert werden.

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